LandesElternBeirat

Rheinland-Pfalz

Ergebnisse der Eltern-Umfrage zu den Winterferien

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Regionale Elternfortbildungs-Veranstaltungen

Zur Stärkung der Rechte der Eltern ist in Rheinland-Pfalz die Elternfortbildung gesetzlich verankert.

Nach § 47 Schulgesetz wird die Elternfortbildung zur Förderung der Zusammenarbeit von Eltern und Schule durchgeführt. Dabei wirken das fachlich zuständige Ministerium und der Landeselternbeirat zusammen. Alle Fortbildungskurse werden von einem Expertenteam geleitet, dem eine erfahrene Elternreferentin oder ein Elternreferent, eine Vertreterin oder ein Vertreter der ADD, ein Schulleitungsmitglied und eine Schulpsychologin oder ein Schulpsychologe angehören. Sie finden an vier verschiedenen Standorten in Rheinland-Pfalz statt: Speyer, Trier, Koblenz und Bad-Kreuznach und - seit 2020 - auch online.

Einen Überblick über das gesamte Angebot sowie die Anmeldungsmodalitäten finden Sie auf der externer LinkHomepage des Bildungsservers RLP.

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03.01.2019 14:15 Alter: 5 yrs
Kategorie: Aktuelles

10 Jahre Realschule plus noch immer mangelhaft!

LEB-Pressemeldung vom 17.12.2018


Bezugnehmend auf den Fernsehbericht des SWR am 11.12.2018 und den zehnten Jahrestag der Einführung der Realschule plus als Schulart schildern hier vier Elternvertreter, die die Einrichtung und die Entwicklung dieser Schulart von Beginn an miterlebt haben – das aktuelle Sprecherteam des Landeselternbeirates und der Regionalelternsprecher aus Trier, sowie ein weiterer Regionalelternsprecher aus Koblenz, wie sich der Sachverhalt aus Elternsicht entwickelt hat und heute darstellt. Diese Sichtweise kam in o.g. Bericht aus unserer Sicht zu kurz.

Vor 10 Jahren leistete die rheinland-pfälzische Bildungspolitik in Sachen Hauptschulen einen „Offenbarungseid“. Es war der Politik nicht gelungen, die wachsenden Problemfelder in dieser einmal sehr anerkannten Schulart zu erkennen, bzw. diesen Problemen wirkungsvoll zu begegnen. Die logische Folge war jene dadurch verursachte „berühmt-berüchtigte Abstimmung mit den Füßen“ durch Eltern und Schülerinnen und Schüler, weg von der Hauptschule. Die bis wenige Jahre zuvor sehr bewährte Schulart wurde zuletzt häufig von relativ vielen Kindern mit Sprachschwierigkeiten und/oder Verhaltensauffälligkeiten besucht, was zu entsprechenden sozialen Spannungen und sinkender Akzeptanz der dort erzielten Abschlüsse führte. Diesem Desaster auf allen Ebenen wirkte niemand entgegen. Die Hauptschullehrkräfte kämpften bis zum Schluss tapfer für die ihnen anvertrauten Kinder, leider aber ohne die notwendige Unterstützung aus Mainz. Auch gut funktionierende Hauptschulen wurden aufgehoben.

Durch den politischen Beschluss der Aufhebung der Hauptschulen im Alleingang –weder die damaligen Elternvertretungen wurden vorher gehört, noch Lehrervertretungen oder Schülervertretungen - erklärte man auch das Ende einer zweiten bis dahin sehr geschätzten Schulart, nämlich der Realschule. Die Realschule brachte eine Menge Absolventinnen und Absolventen hervor, die bei Ausbildungsbetrieben und bei weiterführenden Schulen gleichermaßen gern gesehen waren. Die Schülerinnen und Schüler konnten dort noch echte Wahlpflichtfächer belegen, die auch bei Fehlentscheidungen nach zwei Jahren korrigiert werden konnten - vernünftig und menschlich! Die Orientierungsstufe stellte noch eine echte Orientierungsstufe dar, weil nicht schon viel zu früh -nämlich zur Klasse 6 - mit der zweiten Fremdsprache der weitere schulische Weg bestimmt werden musste. Das war eindeutig wesentlich besser als nach der Reform. Der LEB fordert eine Rückkehr zu diesen für Schüler und Eltern besseren ehemaligen Strukturen!

In der vagen Hoffnung, alles bessere sich durch diesen Federstrich, legte man beide Schularten zusammen zur „Realschule plus“ und weckte in einigen sogenannten Schwerpunktschulen sogar noch bei Eltern von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf die unrealistische Hoffnung, dass ihre Kinder in diesen Schulen die gleiche intensive Förderung erhielten wie in den Förderschulen - unrealistisch, weil nicht ausreichende finanzielle und personelle Kapazitäten geschaffen wurden.

Welcher Mensch käme im Sport auf die Idee anzunehmen, bei der Zusammenlegung einer Regionalligamannschaft mit einer Kreisklassemannschaft zu einer „Regionalligamannschaft plus“, könnten plötzlich alle Kreisklassespieler wie durch ein Wunder Regionalliganiveau erreichen. Umgekehrt wären sportlich versierte Betrachter sicher skeptisch genug, ob die Regionalligaspieler dauerhaft ihr Leistungsniveau würden halten können, wenn sie immer mit technisch und körperlich schwächeren Spielern trainieren müssten, ohne zusätzlich gefordert zu werden.

Entsprechend groß war auch der Unmut bei einem der ersten Landeselterntage nach der Einführung von Realschule plus beim Thema Schwerpunktschulen und Fördermöglichkeiten. Die Eltern waren aufgebracht und erbost, sie fühlten sich getäuscht und im Stich gelassen.

Ähnlich ging es offenkundig auch den Lehrkräften, die nie ausgebildet worden waren, Kinder mit erhöhtem Förderbedarf zu unterrichten und jetzt trotzdem viele Unterrichtsstunden ohne ausgebildete Förderschullehrkräfte in Klassen leisten mussten, in die Kinder mit erhöhtem Förderbedarf zusätzlich zur bestehenden, bereits deutlich inhomogenen Schülergruppe hineingepresst wurden. Für die insoweit nicht ausgebildeten, aber leidenschaftlich gern unterrichtenden Lehrkräfte entwickelten die Eltern zwar nicht so viel Mitleid, wie für Kinder, die im System unterzugehen drohten, aber man erkannte deren Hilflosigkeit. Ein Orthopäde ist nun mal kein Zahnarzt und umgekehrt. Wer es nicht glaubt, sollte es mal ausprobieren! Viel Glück!

Der LEB beanstandete diese Problemfelder von Anfang an und monierte sofort, dass die gewünschte individuelle Förderung nicht ohne entsprechende personelle und finanzielle Ausstattung möglich sei. Die damals schon heftige Diskussionen mit der verantwortlichen Ministerin (damals Frau Ahnen) und der Staatssekretärin (Frau Reiß) brachte wenig Einsicht und Besserung. Es wurde mehr Transparenz in puncto Schwerpunktschulen zugesagt, das war es im Wesentlichen.

Die Gymnasien klagten fortan über einen Anstieg an Schülerinnen und Schülern, die für die Gymnasien eigentlich nicht leistungsstark genug waren. Es erfolgte erneut eine Abstimmung mit den Füßen. Die Akzeptanz der Realschule plus erfolgte nicht so, wie dies die Politik in ihren rosaroten Träumen ausgemalt hatte und gerne auch heute darstellt. Die Folge sind zahlreiche zwangsweise Schulwechsel nach falscher Schulwahl.

Es gibt viele Kinder, die nach einem kurzen Aufenthalt an Gymnasien dieses wieder verlassen müssen und hierdurch entsprechende psychischen Belastungen zu ertragen haben, verstärkt durch die massiven strukturellen Probleme der aufnehmenden Realschulen plus (NOCH größere Klassen). Und das, obwohl nach Frau Ministerin Ahnen damals (sinngemäß) „...das Durchreichen einmal aufgenommener Kinder nach unten nicht mehr gewünscht...“ war.

Ein Zurück zur Dreigliedrigkeit im Schulsystem hätte zwar eine für die Lehrkräfte wieder realistischer abzubildende Heterogenitätsstruktur in der Schülerschaft zur Folge, aber eben auch einen kompletten Gesichtsverlust der politisch Verantwortlichen. Zudem leiden die Eltern inzwischen auch an „schulischer Reformverdrossenheit“ nach allen möglichen und unmöglichen Modellen wie zum Beispiel Regionalschulen und Dualen Oberschulen neben Realschulen, Hauptschulen und Gymnasien, sowie Integrativen Gesamtschulen etc. – wer blickt da noch durch?

Deshalb erstellte der 16. LEB eine detaillierte Analyse der zu behebenden Missstände und erarbeitete Maßnahmenvorschläge für aus Elternsicht unabdingbar erforderliche Änderungen, nachzulesen auf der Homepage des LEB unter „LEB“ - „Wofür wir stehen“ – „“Positionspapiere“ – „Forderungskatalog“. Dabei ging man vom bestehenden Schulsystem aus und überlegte sich, wie es eventuell funktionieren könnte - eigentlich selbstverständliche Aufgabe des Bildungsministeriums. Allerdings scheinen hier stets finanzielle Überlegungen die meisten schüler- und bildungsfreundlichen Ansätze auszubremsen.

Eine der drei innerhalb der letzten acht Jahre zuständigen Bildungsministerinnen (Frau Ministerin Reiß) ließ unsere Forderungen gegenrechnen und stellte fest, dass jährlich 500 Mio. € zusätzlich(!) notwendig seien, um den unserer Meinung nach dringend erforderlichen Personalbedarf einzurichten. Darin enthalten wären auch die sogenannten multiprofessionellen Teams mit entsprechenden Experten, die einerseits aufgrund der politisch verordneten Erhöhung der Heterogenität, andererseits durch die (u.a. auch hierdurch) wachsende Zahl an psychisch kranken Kindern, Kindern mit Verhaltensproblemen, Kindern mit Lernschwierigkeiten, solchen mit LRS, usw., usw. gerecht werden könnten. Die Lehrkräfte könnten sich dann wieder stärker der Wissens- und Wertevermittlung widmen und entsprechend mehr erreichen.

500 Mio. € ist etwa das Doppelte dessen, was im aktuellen Haushalt jährlich - abgesehen von fixen Personalkosten - überhaupt für Bildung eingeplant ist. Daran ist unschwer zu erkennen, dass wir mit der Entwicklung der Realschulen plus nicht zufrieden sein können. In letzter Zeit häufen sich auch wieder Meldungen über massive Disziplinprobleme speziell an Realschulen plus aus den Regionalelternbeiräten. Es hört sich beinahe an, wie damals bei den Hauptschulen in der Schlussphase, auch wenn die Klagen noch nicht flächendeckend laut werden. Wird die Politik wieder einen Offenbarungseid leisten und eine IGS plus oder ein „Gymnasium plus“ aus dem Hut zaubern wie seinerzeit die Realschule plus?

Wir hoffen das nicht und setzen auf den Sachverstand und die Erfahrung der aktuell Verantwortlichen, weil eine erneute Verlagerung der unbestreitbar vorhandenen Probleme in ein neues, vielleicht ebenfalls nicht gut durchdachtes oder nicht finanzierbares Schulsystem keine zielführende Lösung sein kann.

Wir sehen sonst das Risiko, dass der sowieso schon abzusehende volkswirtschaftliche Schaden - die schwächeren Schülerinnen und Schüler werden nicht mehr bis an ihre Leistungsgrenze gefördert und die stärkeren einschließlich Gymnasiasten werden wegen Unterforderung schlechter ausgebildet als in homogeneren Lerngruppen möglich - noch weiter verschlimmert wird.

Die Unruhen in Frankreich und eine immer größer werdende Politikverdrossenheit, die zu populistischen Auswüchsen in vielen europäischen Ländern – aber auch in Deutschland – führt, sollten Warnung genug sein, umgehend mehr in die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen zu investieren.

Diskussionen über digitale Ausstattungen von Schulen gehen an den Hauptproblemen weit vorbei (was auch die Ergebnisse der IQB-Studie zeigen, die, hätte man die damaligen LEB-Hinweise ernst genommen, für RLP auch hätten besser ausfallen können!).

Ausgehend von den Grundschulen und den Realschulen plus ist es allerhöchste Zeit, echte Verbesserungen für alle Schulen zu bewirken.

 

Dr. Thorsten Ralle, Landeselternsprecher,

Birgit Scharp, Stellvertretende Landeselternsprecherin

Markus Meier, Stellvertretender Landeselternsprecher

Reiner Schladweiler, Regionalelternsprecher Trier

Dr. Carsten Beul, Regionalelternsprecher Koblenz

 

 

Der LandesElternBeirat Rheinland-Pfalz ist die Elternvertretung auf Landesebene und repräsentiert über 700.000 Eltern. Er setzt sich aus 29 gewählten Schulelternbeiratsmitgliedern aller Schularten zusammen und engagiert sich für die Qualitätssicherung der schulischen Bildung und Ausbildung. Der LandesElternBeirat unterhält eine Geschäftsstelle, deren hauptamtliche Mitarbeiterinnen neben den ehrenamtlichen Mitgliedern als Ansprechpartner für die Eltern im Land zur Verfügung stehen. Auf der Homepage www.leb.bildung-rp.de finden Eltern viele Informationen zum Thema Schule und Elternarbeit.